Symbolische Entwicklung

Symbolische Sequenzen linear [ab 24-30 Monaten]

Der Entwicklungsschritt der Konzentration auf das Handlungsresultat bedeutet, dass nicht mehr derjenige Gegenstand im Zentrum des Interesses steht, mit dem das Kind eben gehandelt hat, sondern derjenige, mit dem die Handlung ausgeführt wird. Während es im Funktionsspiel immer wieder zu dem Gegenstand zurückkehrt, welchen es eben gebraucht hat, kann es diesen jetzt weglegen und einen Schritt weitergehen: der Gegenstand, auf dem es die erste Handlung ausgeführt hat, wird nun zum Ausgangspunkt der zweiten Handlung. Hat das Kind zum Beispiel die Puppe mit dem Löffel gefüttert, kann es den Löffel weglegen und die eben gefütterte Puppe zum Ausgangspunkt der nächsten Handlung machen: es nimmt die Puppe und legt sie ins Bett zum Schlafen. Beachtet es jetzt wieder das Resultat seiner Handlung, so ist die Puppe nun eine Schlafende, d.h. der Ausgangspunkt für die nächste Handlung ist die schlafende Puppe: sie kann nun geweckt werden. Auf dieser Basis entstehen die ersten symbolischen Sequenzen im Alter von etwa zwei Jahren. Diese sind insofern als linear zu bezeichnen, als die Abfolge nicht geplant ist, sondern sich jede Handlung aus der vorherigen Situation ableitet.



Lynn 29 Mte

Ich sage "so, tun wir dich ins Bett", und Lynn bestätigt "ine" (hinein). Ich lege das Nilpferd ins Bett; sie legt ein Stück Knete auf den Tisch, sagt "so" und setzt sich dann auf den Stuhl. Ich kommentiere "zudecken", und Lynn ergänzt sofort "singe". Ich wiederhole "singe" und beginne, ein kleines Schlaflied zu singen. Lynn sitzt da, den Kopf auf die Hand gestützt, und hört für kurze Zeit zu. Dann unterbricht sie und ruft "fetti laafe" (fertig schlafen), holt das Tier aus dem Bett und reicht es mir mit der Absicht, das Spiel des Fütterns (und Ausspuckens) wieder aufzunehmen.Hier kann man gut das Typische des linearen Symbolspiel beobachten: zu Beginn der Szene hat Lynn noch keine Vorstellung des ganzen Ablaufes; indem sie jedoch den einzelnen Ereignissen eine symbolische Bedeutung gibt, kann sie auch den nächsten Handlungsschritt spontan ausführen, so dass eine echte Sequenz entsteht.



Anouk 30 Mte

Anouk kämmt die Puppe mit der Bürste, nimmt dann spontan den Spiegel, und während sie ihn der Puppe hinhält, kommentiert sie "luege" (schauen). Dann schaut sie mich an, und ich sage anstelle der Puppe "oh, jetzt bin ich aber eine schöne, du jetzt freue ich mich aber, wenn Maja kommt". Anouk lächelt, bestätigt "ja" und führt das Spiel weiter. Sie sagt "Bett slafe chumm Bette" (Bett schlafen komm Bett), nimmt die Puppe, legt sie ins Bett und verabschiedet sich "tsau-au".Diese Sequenz zeigt sehr deutlich die Charakteristik des linearen Symbolspiels, in dem sich jede Handlung aus der vorherigen entwickelt. Gut ist hier auch zu sehen, wie die Handlungen durch die Sprache geleitet und unterstützt werden, als ob dadurch ihre symbolische Bedeutung noch klarer würden.



Leonie 33 Mte

Ich habe Leonie gesagt, das Nilpferd wolle sich noch im Spiegel betrachten. Sie nimmt diesen und schaut zuerst selbst hinein. Ich frage "wer ist denn dort drin?", und sie antwortet lächelnd "d'Leonie". Dann hält sie den Spiegel dem Nilpferd vor das Gesicht, begibt sich in dieselbe Position wie das Tier und schaut "mit ihm" zum Spiegel. Ich sage anstelle des Tieres "oh, ich bin dann schön! Ich gefalle mir". Leonie schaut das Nilpferd an und legt den Spiegel direkt auf seine Augen. Ich sage "oh, jetzt sehe ich grad nichts mehr", worauf sie mir sehr ernst entgegnet "abe de chan Spiegel luege" (aber der kann in den Spiegel schauen). Hier kann man gut einen weiteren Schritt in der Entwicklung der Dezentrierung beobachten. Leonie kann sich nicht nur vorstellen, dass das Tier in den Spiegel schauen möchte, sondern sie kann auch seine Position einnehmen, d.h. ihm diesen korrekt hinhalten. Sie geht sogar noch weiter, lässt es ganz selbständig gucken und wehrt sich für diese (vorgestellte) Fähigkeit des Tieres.