Im Alter von etwa einem Jahr erkennt das Kind, dass die Dinge weiterhin existieren, wenn sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind; es hat die erste Stufe der Objektpermanenz erreicht. Dies bedeutet, dass es die Dinge nun behalten will und kann. Die Gegenstände, welche die Funktion des Behaltens erfüllen, nämlich die Behälter, interessieren das Kind jetzt ganz besonders, und es beginnt, diese ineinanderzustellen. Es legt Löffel, Bürste oder Malstift in die Pfanne, stellt diese in ein anderes Gefäss und räumt dann alles wieder um. Dadurch entdeckt es auch, dass viele Behälter bereits einen Inhalt haben; für das Kind im Alter zwischen 12 und 18 Monaten ist es etwas ganz besonderes, mit diesem Inhalt zu hantieren, d.h. Knete und Glasperlen umzuleeren oder aber Stück für Stück in eine Flasche zu füllen.
Ich habe die Formbox vor Charlotte hingestellt, lege den Deckel auf, führe eine runde Form ein und kommentiere "bumma!", als sie hineinfällt. Sofort reiche ich Charlotte eine weitere Form, welche sie nimmt und gleich wegwirft, um nach dem Deckel der Box zu greifen. Sie öffnet die Box, und ich sage "dada"; sie schaut kurz zur Mutter und versucht dann, den Deckel wieder aufzulegen.In dieser Szene sieht man sehr schön die Vorstufe des Spiels mit der Formbox. Noch ist es nicht interessant, die Formen reinzutun und dadurch verschwinden zu lassen; die Box ist vielmehr von Bedeutung als Gefäss, das man öffnen und schliessen kann, und das Dinge enthält.
Anouk nimmt einen Würfel mit der linken Hand und ich zeige ihr die entsprechende Oeffnung der Formbox. Ohne auf mich zu achten, versucht sie es bei verschiedenen Oeffnungen, wechselt dann in die rechte Hand und probiert es wieder. Ich sage "nein, da" und zeige ihr die passende Oeffnung. Sie hält kurz inne und bekommt dabei zufällig den Deckel zu fassen, den sie sofort öffnet. Sie schmeisst den Würfel in die Box, schliesst sie aber gleich wieder. Ich reiche ihr einen weiteren Würfel und sage "da hat es noch einen". Mit Schwung tut sie diesen in die Nähe einer Oeffnung, um dann sofort wieder den Deckel zu öffnen und den Würfel in die Box fallen zu lassen.Diese Szene zeigt sehr schön die Vorstufe des Spiels mit der Formbox: die Aufgabe, welche sich Anouk stellt, liegt darin, die Formen in die Box reinzutun eben weil diese die Funktion eines Behälters hat. Die Oeffnungen sind nur insofern interessant, als sie eine Möglichkeit bieten, das Ziel zu erreichen; als sich jedoch durch Zufall eine bessere Lösung anbietet, wird diese natürlich bevorzugt.
Nadine nimmt den Löffel im Faustgriff in die rechte Hand, führt ihn in die Pfanne und dann zum Mund der Puppe. Dann öffnet sie den Deckel einer anderen Pfanne und gibt nochmals der Puppe zu essen. Sie schliesst die Pfanne wieder mit dem Deckel, lacht dazu und schaut mich an.Dieses Spiel ist noch funktionaler und nicht symbolischer Art ist, weil die eigene Handlung des zu Essen Gebens im Vordergrund steht und nichts darauf hinweist, dass Nadine sich die Puppe als Essende vorstellt.
Caroline guckt in die Pfanne, streckt die Hand hinein und schaut zu mir auf. Sie nimmt ein Stück Knete hinaus und tut es in ein anderes Gefäss. Ich halte einen Hund zum Gefäss und mache "mamamam". Sie äussert "eh" und nimmt ein weiteres Stück Knete aus der Pfanne. Dann hält sie die andere Hand schützend über das Gefäss und schaut mich herausfordernd an. Nun verstehe ich und frage "darf er keine mehr haben? eh? keine mehr haben". Als sie sieht, dass ich verstanden habe, zieht sie die Hand zurück und tut mit der anderen die Knete ins Gefäss. Dann nimmt sie ein weiteres Stück vom Tisch. Dabei sieht sie den Deckel, schaut kurz zu mir und versucht ihn dann auf die Pfanne zu legen. Als ihr dies gelingt, nimmt sie beide Hände zum Körper und lacht mich strahlend an. Ich lache auch und bestätige "zu hast du zugemacht?". Interessant ist in dieser Szene, wie Caroline meine Handlungen mit dem Hund aktiv zurückweist. Die Geste mit der Hand hat die gleiche Bedeutung wie das Kopfschütteln, d.h. beide zeigen, dass das Kind mit dem Tun des Anderen nicht einverstanden ist.
Luca nimmt die Flasche und kippt sie, indem er sie über ein anderes Gefäss hält. Unbekümmert darüber, dass nichts mehr drin war, stellt er sie wieder hin, nimmt die Schale mit beiden Händen und versucht den Inhalt in eine Pfanne zu kippen, wobei die Knetmasse grösstenteils auf den Tisch rollt. Dies ist eine typische Sequenz des Funktionsspiels, bei dem noch ganz die Freude an der Handlung selbst im Vordergrund steht und das Resultat keine Rolle spielt. Das Spiel bekommt dadurch eine zirkuläre Form, d.h. die Handlungen führen immer wieder zum Ausgangspunkt zurück; es entsteht keine lineare Sequenz mit Anfang und Ende.