Beim Blättern und Schauen in Bilderbüchern ahmt das Kind bald erste Lautmalereien des Erwachsenen nach wie "gaga" oder "wuwu", und mit etwa 15 Monaten kann es spontan schon einzelne Bilder benennen. Diese ersten Benennungen der Bilder sind eigentliche sprachliche Handlungen, welche wie das Blättern und Schauen zum Bilderbuch-Betrachten gehören. Im Alter zwischen 12-18 Monaten ist es häufig so, dass das Kind zuhause schon alle Abbildungen in seinem Buch benennen kann, den Hund oder das Auto in einem anderen Buch aber nicht spontan wiedererkennt. Sagt der Erwachsene dann das entsprechende Wort, kann es dem Bild über das Wort Bedeutung geben und wiederholt dann auch sofort die Aeusserung des Erwachsenen.
Ich öffne das Bilderbuch und sage "qui chi c'??" (da wer ist das?). Luca sagt "m-m" und schaut mich lächelnd an. Ich bestätige "wu-wu, hai visto" (wu-wu, hast du gesehen). Ich zeige auf das nächste Bild einer Katze, die Milch trinkt und sage "miau". Luca macht ein Schmatzgeräusch; ich bestätige "si" und wiederhole das Schmatzgeräusch. Dann blättert er um, und ich frage "e poi, qua?" (und dann, hier?). Es ist ein Schwein, und Luca macht wieder "m-m". Ich antworte "ch-ch". Er schaut mich an und zeigt dann auf das Bild eines Schafes. Ich sage "e qui? bäh!" (und hier? bäh).Wie fast alle Szenen von Luca zeigt auch diese den Uebergang vom funktionalen zum symbolischen Gebrauch, d.h. hier vom "Blättern" zum "Betrachten" und von der "handlungsbegleitenden Aeusserung" zum "Beschreiben". In jedem Falle bezieht sich das Anschauen darauf, dass dort im Buch Bilder sind. Die Lautmalereien ihrerseits werden durch die Bilder hervorgerufen; gerade durch das Benennen werden diese aber lebendiger, bedeutungsvoller.
Roberta reicht mir das Bilderbuch; ich öffne es und frage "oh, wer ist denn da?". Sie betrachtet das Bild und sagt dann "wauwau". Ich zeige auf das folgende Bild und frage "und da?". Mit leicht verlegenem Gesichtsausdruck und leiser Stimme antwortet sie "Büsi". Ich bestätige "Büsi". Am Anfang der Szene gibt mir Roberta das Buch und fordert mich damit zum Erzählen auf. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu früheren Entwicklungsphasen, wo der funktionale Gebrauch, nämlich das Blättern im Vordergrund steht, d.h. wo die Kinder mit dem Buch handeln wollen.Die unsichere Haltung beim Benennen haben wir sie interpretiert, dass sie bereits ahnt, dass es beim Benennen falsch und richtig gibt und deshalb etwas vorsichtig ist.