In der Entwicklungphase des Funktionsspiels zwischen 12-18 Monaten äussert das Kind die ersten Wörter. Das besondere Merkmal dieser Wörter besteht darin, dass sie fest mit dem Gegenstand oder der Handlung, welche sie bezeichnen, verknüpft sind. Es sagt bspw. "mämäm", wenn es die Flasche sieht oder der Puppe den Löffel reicht, aber es kann noch nicht "mämäm" sagen, um auszudrücken, dass es Hunger hat. Aus kommunikativer Sicht sind diese Wörter deshalb noch nicht wirklich an den Erwachsenen gerichtet, sondern sie sind handlungsbegleitend. Ihr Sinn besteht vor allem darin, den Gegenstand oder die Handlung in den Vordergrund zu bringen, sie zu erfassen. Dennoch hat es eine grosse Wichtigkeit, dass die Erwachsenen diese Aeusserungen so behandeln, als ob es sich um Aufforderungen oder um Fragen handelte und entsprechend antworten; bspw. indem sie auf die Aeusserung ÒmämämÓ sagen: "ja, jetzt kannst du gleich trinken" oder "ja, die Puppe isst jetzt".
Ich setze das Nilpferd in Position und sage "noch mehr!". Selina schaut suchend um sich und ich frage "hat es nichts mehr? nichts mehr?". Sie antwortet mit einigen Lall-Lauten und ich kommentiere "gottfriedstutz", während sie weiter um sich schaut und unmutig "eh" sagt. Schliesslich entdeckt sie die Flasche und ihr Gesicht hellt sich sofort auf. Sie sagt "mämämäm" und ich bestätige "ja, da hat es noch mämäm". Dann macht sie eine Drehbewegung am Verschluss der Flasche und reicht sie mir.Das Suchen nach Gegenständen kann so erklärt werden, wie PIAGET die ersten Formen der Objektpermanenz beschreibt; es handelt sich noch nicht um eine Repräsentation, sondern um einen Handlungsablauf: Selina gibt dem Tier Dinge; diese verschwinden in seinem Maul, das sich dann wieder öffnet, weshalb neue Dinge hineingetan werden müssen.
Ich habe Charlotte das Bilderbuch gezeigt; dann hat sie einen Löffel aufgehoben und mir gegeben. Die Szene beginnt, als ich den Löffel zu einem abgebildeten Tier hinhalte und ein Ess-Geräusch mache. Sie schaut mich kurz an, schliesst das Buch und nimmt es nun mit beiden Händen zu sich. Sie öffnet es und beginnt zu blättern, wobei sie erst leise und dann immer lauter und mit fast wütendem Tonfall "da!" ruft. Ich antworte ihr erst leise mit "da?" und darauf ebenfalls immer lauter mit "uih!"Wir haben die Szene so interpretiert, dass Charlotte schon ahnt, dass die Abbildungen im Buch etwas Besonderes darstellen, sie aber noch nicht wirklich erkennen kann. Durch das "da!"-Rufen weist sie darauf hin, dass da etwas ist, und drückt gleichzeitig ihre Ungeduld darüber aus, dass sie nicht erfassen kann, was es ist.
Anouk hält einen Teller in der Hand und versucht, eine Knetwurst auf den Löffel zu laden. Ich rufe "Anouk, Anouk, schau!". Sie schaut zu mir hin und sieht, dass ich das Nilpferd halte, um es mit Knete zu füttern. Sie sagt "am" und ich gebe dem Tier zu essen, ahme sein Kauen nach und rufe dann "mmmh, ist das fein!". Anouk lässt Teller und Löffel fallen und eilt zum Tier, um in das Maul zu schauen. Dann tritt sie etwas zurück und sagt "am!"; ich wiederhole "ämämäm".
Nadine blättert im Bilderbuch und zeigt auf einen Vogel, den sie als "gaga" bezeichnet. Die Mutter sagt "ist das ein gaga, ein Vögeli?". Nadine vokalisiert in honer Tonlage, schaut mich an und blättert dann weiter. Wieder zeigt sie auf ein Bild und sagt "gei". Es handelt sich um einen Schmetterling und es bleibt unklar, was sie mit "gei" sagen wollte.Ursprünglich habe ich diese Beobachtung als "Bilderbuch betrachten" eingestuft. Im direkten Vergleich mit den Filmsequenzen älterer Kinder wird jedoch deutlich, dass hier noch das Blättern und Schauen im Vordergrund steht und das Benennen eigentlich mehr zur Handlung als zum Bild gehört. Wenn die Kinder ein Bilderbuch wirklich betrachten, verweilen sie viel länger auf einer Seite und "studieren" das Bild genau.
Luca blättert im Bilderbuch; beim Pferd äussert er kurz den Laut "ca?". Ich kommentiere "uh, il cavallo come fa il cavallo?" (uh, das Pferd wie macht das Pferd?) und mache gleichzeitig ein Schnalzgeräusch sowie die Bewegung des Reitens. Dadurch wird die Aufmerksamkeit von Luca wieder zum Buch gelenkt und während er weiterblättert imitiert er das Schnalzen sowie die Bewegung, wobei sich ein Lächeln auf seinem Mund abzeichnet.