Das Gespräch hat Aehnlichkeit mit dem Austauschen von Gegenständen, nur werden hier statt der Dinge Wörter hinund hergeschoben. Im dritten Lebensjahr verläuft die sprachliche Kommunikation noch meist wie ein einmaliges Geben und Nehmen: das Kind stellt eine Frage und erwartet eine Antwort, oder es antwortet umgekehrt auf eine Frage. Erst anfangs des vierten Lebensjahres wird es möglich, eine Antwort zu geben, daran gleich eine Frage anzuknüpfen und das Wort so im eigentlichen Sinne dem Anderen zurückzugeben, also ein Gespräch zu führen.
Remo ist daran, Wasser von einer Flasche in ein Gefäss zu leeren. Ich sage "du weisst du was, jetzt hat der Niili fertig gegessen, und jetzt hat er gesagt, er sollte noch ein bisschen Aufgaben machen, er sollte noch malen. Wollen wir ihm wohl ein wenig helfen dabei?". Remo hört zu, stellt dann die Flasche auf den Tisch, legt ein Stück Knete in den Teller und antwortet "de hätt no Hunger". Ich wiederhole fragend "hat er noch Hunger?"und füge hinzu "nein, er hat gesagt, er wolle nichts mehr essen". Remo hat das Messer genommen und während er versucht, die Knete zu zerschneiden, widerspricht er, ohne mich anzuschauen "er hätt gseit, er wötti no ässe".
Remo hat meinem Vorschlag, dem Nilpferd beim Malen zu helfen, konzentriert zugehört. Er hat genau verstanden, dass er das Spiel des Fütterns abbrechen und malen soll. Interessant ist nun, dass er nicht sagt, dass er keine Lust zum Malen haben, sondern auf der gleichen "symbolischen" Ebene antwortet, nämlich dass das Nilpferd noch Hunger habe und essen wolle. Damit ist er formal und inhaltlich fähig, meine sprachlichen Äusserungen zu verstehen und sich in seinen Antworten darauf zu beziehen, also ein Gespräch führen.
Anouk betrachtet das Bilderbuch vom kleinen Hund, und ich frage "ist er wohl da drin ...?". Sie öffnet die Klappe, schaut mich an, und ich mache "oh wer ist denn da in ...". Sie antwortet sofort "Niili", und ich bestätige "der Niili, genau!". Sie weist auf die Nilpferd-Puppe hin und erklärt "das iss' Niili". Ich halte dieser das Buch hin und frage "ja, schau mal Niili, siehst du dich?". Anouk schaut von mir zum Nilpferd und wieder zum Bilderbuch; ich sage "so was du", und sie ergänzt "böse". Ich verneine "nein, der ist nicht so ein böser, der ist ..."; sie unterbricht mich und erklärt "Slange bös" (Schlange böse). Ich bestätige "die Schlange ist böse, genau".Diese Szene zeigt sehr schön, dass Anouk die Abbildung des Nilpferdes erkannt hat und sich sofort auf das entsprechende Tier bezieht. Deutlich kann man auch erkennen, wie sie aktiv versucht, mehr über den Begriff "böse" zu erfahren, indem sie probeweise dem Nilpferd diese Eigenschaft zuspricht. Dies kann sie nur tun, weil sie die Geschichte bis zu diesem Punkt verstanden hat, und genau dies teilt sie mir auch sofort mit. Man kann deshalb sagen, dass sie bereits ein kleines Gespräch über dieses Thema führen kann.
Diese Szene findet ganz zu Beginn unseres gemeinsamen Spiels statt. Roberta hat die Telefone geholt, und eben habe ich sie gefragt, ob sie uns besuchen käme. Sie hält den Telefonhörer am Ohr, antwortet "ja", sagt dann "tschüss" und legt den Hörer auf die Gabel. Ich verabschiede mich auch mit "tschüss" und sage dann zum Nilpferd "oh, Niili du, die Roberta kommt zu Besuch, hat sie gesagt". Roberta hört zu und dreht dabei an der Wählscheibe rum. Ich schlüpfe mit der Hand in die Nilpferd-Handpuppe und rufe "judihuii!". Roberta steht auf, beugt sich nahe zum Tier und fragt "ich -bis echli tluulig gsii?" (bist du ein wenig traurig gewesen?). Ich antworte mit etwas weinerlicher Stimme "ja, ich musste so lange warten". Roberta schaut kurz zu mir und sagt dann mit tröstender Stimme zum Nilpferd "bis itz e de so wide da" (ich bin jetzt schon wieder da). Diese Szene zeigt in besonderer Weise einen der Höhepunkte der Entdeckung der Sprache: das Einfühlungsvermögen und die Möglichkeit, die Gefühle des Anderen durch die Sprache auszudrücken.
Remo hat einen Defekt an der Kasse festgestellt, und ich habe ihm den Vorschlag gemacht, er solle doch die Fabrik anrufen. Er hält den Hörer zum Ohr und wählt mit dem Finger. Ich nehme ein anderes Telefon ab und sage: "ja, grüezi, da ist die Fabrik von der Kasse. Was haben Sie? Gibt es ein Problem mit der Kasse?". Remo hört zu und sagt zögernd "ja". Dann schaut er auf seine Kasse und zeigt mit dem Finger immer wieder auf eine spezielle Stelle, während er erklärt: "da sött's en Chnopf ha, weisch, da da druff, da sött me chöne drucke" (da sollte es einen Knopf haben, weisst du, da drauf, da sollte man drücken können). Ich antworte "aha, ja das ist eine gute Idee, das haben wir ganz vergessen".
Diese Szene zeigt sehr schön, dass Remo zu meinem Vorschlag, die Fabrik anzurufen, eine Vorstellung aufbauen und die entsprechende Rolle als Kunde einnehmen kann.
Diese Szene zeigt das Ende des Gesprächs zwischen Remo als Kunde und mir als Kassen-Fabrik. Ich sage "also danke viel mal, ich schicke Ihnen eine, wenn wir sie fertig haben". Remo hält den Hörer am Ohr und antwortet "ja". Ich sage "gut, also auf Wiederhören", und er fügt hinzu "ja, wenn's alt is, denn denn tus-si grad i de Chübel rüere, gäll" (ja, wenn es alt ist, dann tust Du sie gerade in den Abfall werfen, gell). Ich beende das Gespräch "ist in Ordnung, ja ist gut, dann schicke ich sie Ihnen". Remo bestätigt "ja" und ich sage "hm, gut, danke, auf Wiederhören". Remo war bereits daran, den Hörer auf die Gabel zu legen, nimmt ihn aber nochmals zum Ohr und verabschiedet sich auch mit "uf Wiederhöre". Dann legt er den Hörer sorgfältig zurück auf die Gabel, während ich seufzend feststelle "ja, dann muss ich wohl eine neue Kasse machen". Diese Szene zeigt, dass sich Remo ganz in die Rolle des Kunden vertieft und auch den Inhalt des Gesprächs erfasst hat. Nur so ist es möglich, dass er dem Gespräch von sich aus noch ein neues Element hinzufügen kann, sozusagen einen Ratschlag für den Fabrikanten.