Durch die Erfahrungen mit der Verzeitlichung während des dritten Lebensjahres erfährt das Kind, dass die Ereignisse selten plötzlich auftreten, d.h. dass es fast immer einen Grund gibt, weshalb etwas passiert oder weshalb die Anderen sich gerade so und nicht anders verhalten. Es beginnt sich deshalb für diese Art von logischen Verknüpfungen zu interessieren, und es fragt "warum?" oder "wieso?". Die Antwort lautet "weil..." oder "wenn..., dann...". Es ist deshalb das Interesse für die Zusammenhänge zwischen den Ereignissen, welches das Kind zu den Warum-Fragen führt. Die Antworten geben inhaltlich die Erklärung und formal das Modell, wie es diese Zusammenhänge auch selbst sprachlich ausdrükken kann: durch komplexe Satzstrukturen mit überund untergeordneten Satzteilen.
Mit der tiefen Stimme des Nilpferdes frage ich "du, und jetzt von diesen Kartoffeln, kann ich noch ein wenig haben?". Leonie schaut abwechselnd mich und das Tier an und antwortet sofort "nei, ich mues na die bache, dänn chasch scho ässe" (nein, ich muss diese noch backen, dann kannst du schon essen). Deutlich wird hier die enge Verbindung des Symbolspiels zum Sprachverständnis, d.h. Leonie kann meine Frage nach den Kartoffeln unter anderem deshalb verstehen, weil sie dem Resultat ihres Knetens wirklich die Bedeutung "Kartoffeln" gegeben hat. Schliesslich zeigt ihre Antwort auch, dass sie einen symbolischen Handlungsablauf planen und gleichzeitig ihre Vorstellungen auch sprachlich ausdrücken kann.
Wir haben die Brio-Bahn aufgebaut; ich lasse das Nilpferd auf dem Zug fahren und sage "so, jetzt steige ich schon aus, ich gehe hier zur Schule tschüss". Roberta grüsst "tschüss", und ich sage "danke, dass ich fahren konnte". Sie sagt "bitte" und führt den Zug den Schienen entlang weiter. Dazwischen schaut sie kurz auf, und als der Zug am Ende angelangt ist, schaut sie mich an und sagt "me chönnti me chönnti ja no e Suel mache füe de Niili?" (man könnte ja noch eine Schule machen für den Niili?). Ich antworte "ehe, könnte man".Eine ganz zentrale Bedeutung der Sprache verdeutlicht diese letzte Szene von Roberta: die Freiheit, aus verschiedenen Möglichkeiten zu wählen: man könnte...
Remo betrachtet sich in einem aufklappbaren Handspiegel, und ich frage "wer ist denn dort drin?" Er schaut weiter und beginnt zu lächeln. Ich frage "ist das ein hübscher Bub, dort?", und Remo antwortet verschmitzt "en Leu dine" (ein Löwe drin). Ich bestätige lachend "ja"; er schliesst den Spiegel, macht die Geste des Schlüssel-Umdrehens und kommentiert "müemme snäll iibslüsse" (müssen wir schnell einschliessen). Ich wiederhole "schnell einschliessen" und füge hinzu "ja, das ist besser, du". Remo schaut mich an und antwortet "nei, chunt nöd use" (nein, kommt nicht raus). Ich frage nach "kommt der nicht raus?", und er erklärt "er is no - er cha ja nöd, will er dänk da im Spiegel is" (er ist noch - er kann ja nicht, weil er denk da im Spiegel ist). Ich sage "aha!", während Remo sich weiter betrachtet und mit dem Mund eine Grimasse schneidet.
Remo wird fast ein bisschen verlegen, als ich ihn darauf anspreche, wie er sich im Spiegel betrachtet. Um die Situation zu überbrücken, denkt er sich eine kleine Geschichte aus, welche er auch sogleich szenisch gestaltet. Interessant ist auch, wie er fast spielerisch mit den Elementen von Phantasie und Realität umgeht: zuerst schliesst er den Löwen symbolisch ein und dann erklärt er mir, dass dieser nicht raus kann, weil er ja im Spiegel ist - also kein richtiger Löwe, sondern ein Löwe im Spiegel, der wiederum kein Löwe, sondern er selbst ist.