Gegen Ende des zweiten Lebensjahres entdeckt das Kind, dass es mit den Wörtern Veränderungen in der Welt bewirken kann. Es realisiert, dass die Anderen auf seine Aeusserungen antworten, d.h. dass seine Wörter verstanden werden und bei den Anderen zu bestimmten sprachlichen oder nicht-sprachlichen Handlungen führen. Aufgrund dieser Entdeckung beginnt es, die ersten Aeusserungen an den Anderen zu richten, um ihn zu einer Handlung aufzufordern oder um ihm etwas mitzuteilen. Solche einzelnen Wörter, welche mit einer kommunikativen Absicht geäussert werden, kann man als Einwort-Sätze bezeichnen.
Ich habe Nadine gesagt, die Puppe hätte noch Durst. Sie schaut mich kurz an, öffnet dann die Flasche und hält sie der Puppe hin. Ich sage "danke" und sie nickt leicht. Dann schliesst sie die Flasche wieder, sagt "tue" (zu) und schaut mich an.Es handelt sich hier um eine kleine Handlungssequenz mit Anfang und Ende. Deutlich ist, dass Nadine das Resultat ihres Tuns beachtet sowohl nach dem Füttern wie am Schluss, als die Flasche wieder geschlossen ist. Noch steht aber sie selbst als Handelnde im Vordergrund, d.h. es scheint sie noch nicht zu interessieren, ob die Puppe jetzt trinkt oder getrunken hat. Die Handlung kann damit noch nicht als symbolisch bezeichnet werden.
Ich zeige Nadine ein Bilderbuch und frage "und wer ist denn da noch?" Nadine wendet sich mir zu und sagt "ha" (haben). Ich fahre fort "der wauwau?"; sie schaut das Bild an, greift dann das Bilderbuch, und während sie es schliesst, sagt sie "Mama, Mama, Mama". Dabei schaut sie mich an, und ich frage "Mama?". Sie nickt, und ich frage "aja, und ich kann nicht erzählen?". Sie schüttelt den Kopf, sagt "ne"; ich bestätige "die Mama muss erzählen?", während Nadine das Buch der Mutter bringt.
Roberta kippt die Flasche und zielt auf die Oeffnung des Trichters. Ich sage "uih, schau mal, du!". Sie schaut kurz auf die gefüllte Flasche, beendet das Einfüllen und ruft dann "oi-oi-oi-oih!". Dazu lacht sie und schaut zufrieden auf das Resultat ihres Tuns. Dann sieht sie die leere Flasche, verlangt "nomeh" (noch mehr)und streckt sie mir hin. Ich frage "noch mehr?" und sie wiederholt "nomeh".Obwohl dies hier nicht zu beobachten ist, kann man annehmen, dass Roberta die Kapapzität des Gefässes noch nicht abschätzen kann, da sie alles verfügbare Wasser einleert, ohne die Flasche zu kontrollieren.Auf das Resultat ihres Tuns zu achten, wird zwar von mir eingeleitet (schau mal!), aber ganz spontan auch von ihr kommentiert. Man kann deshalb annehmen, dass sie bereits weiss, wie sie mit ihren Handlungen die Realität verändern kann.
Zuerst schaut Roberta fasziniert zu, wie ich ein von mir gemaltes Gesicht mit Bauch und Beinen vervollständige. Als ich fertig bin, schaut sie erst zu meinem Stift, sucht dann einen anderen und malt einen Strich. Ich sage "oih!", und jetzt schaut Roberta nochmals auf das Papier und beginnt in etwas forcierter Weise zu lachen. Dann schaut von mir zu ihrer Mutter (welche filmt) und wieder zu mir. Ich sage "hast du gerade etwas geschrieben?", und sie scheint beruhigt, antwortet "ja" und "nomeh", während sie nun einen gezielten Strich quer über das Papier malt.Wir haben das etwas befremdende Lachen in dieser Szene so interpretiert, dass Roberta erschrocken oder vielleicht auch beschämt darüber ist, dass es diesen Strich, den sie allein bewirkt hat, jetzt gibt. Wichtig ist auf jeden Fall auch, dass der Strich dort ist, wo ich gemalt habe. Es ist, als ob sie dadurch ein kleines Tabu verletzt und sich selbst dabei erwischt hätte.