Sprachliche Entwicklung

Assimilationen/Elisionen/Substitutionen [ab 18-24 Monaten]

Im den ersten Lebensjahr produziert das Kind spontan eigentlich alle Lauttypen. Mit den ersten Worten schränkt sich die Lautproduktion ein: das Kind äussert in erster Linie die Laute der ersten Artikulationsstelle "M" und "P" in Verbindung mit dem Grundvokal "A" ("mama", "papa"), die Laute der dritten "G/K" und der zweiten Artikulationsstelle "D/T" und "N" sowie die weiteren Vokale, woraus Lautmalereien wie "memem", "gaga" und "pipi" entstehen. Das spezielle dieser ersten Wörter bezüglich ihrer lautlichen Struktur liegt darin, dass sich die Lautabfolgen wiederholen, d.h. das Kind muss nicht innerhalb eines Wortes von einer Artikulationsstelle zur anderen wechseln. Wenn es ab etwa 18 Monaten beginnt, alltägliche Gegenstände und Handlungen zu benennen, tendiert es dazu, die Wörter der Erwachsenensprache in diesem Sinne zu vereinfachen: die Konsonanten werden einander angeglichen, z.B. "Dett" f. Bett, "Buppe" f. Suppe, "momeh" f. noch mehr, "geggi" f. dreckig. Solche Assimilationen treten vor allem während des dritten Lebensjahres auf. Sie sind nicht konstant, sondern variieren in Abhängigkeit von der Komplexität des Wortinhaltes, des Satzbaus und der kommunikativen Situation. Als weitere Möglichkeit der Vereinfachung kann das Kind einzelne Laute weglassen: meist handelt es sich bei den Elisionen um Endlaute wie bei "momeh" (noch mehr) oder um Laute bei Konsonantenhäufungen wie bspw. "Detti" (Bettli). Die Elisionen treten vor allem bei komplexen Konsonantenverbindungen auch im fünften und sechsten Lebensjahr noch auf.Schliesslich können Laute, welche besonders schwer zu bilden sind, durch andere ersetzt werden, also bspw. "R" durch "L" , "S/SCH" durch "T" oder später "SCH" durch "S" ("fahle" f. fahren, "Tonne" f. Sonne, "Fis" f. Fisch). Solche Substitutionen sind im Gegensatz zu den Assimilationen relativ konstant und treten auch im sechsten Lebensjahr noch häufig auf.



Roberta 20 Mte

Roberta einen aufziehbaren Frosch in der Hand, greift mit der anderen den Becher und sagt "ting" (trinken). Als sie den Frosch hinstellt, beginnt er zu hüpfen. Sie nimmt ihn in die Hand, lacht, schaut kurz zu mir und sagt "bumpe" (gumpe, ch.dt. für hüpfen). Ich bestätige "gumpen tut er, ja". Sie macht eine Drehbewegung, um den Frosch aufzuziehen und stellt ihn wieder auf den Tisch. Als er sich nicht bewegt, reicht sie ihn mir und sagt "nomeh" (noch mehr). Ich frage "noch mehr? zeig!" und stelle den Frosch auf den Tisch zurück. Sofort nimmt sie ihn wieder auf und wiederholt "bumpe?!". Das Wort "bumpe" hat Roberta eben während dieses Spiels entdeckt und repetiert es nun immer wieder aus Spass und gleichzeitig als Frage, ob es wirklich stimmt, dass diese Handlung als "gumpe" bezeichnet wird.Auf der Lautebene ist eine Assimilation an die erste Artikulationsstelle ("G" an "P") zu beobachten.



Roberta 22 Mte

Roberta blättert eine Seite des Bilderbuches um, öffnet den aufklappbaren Bildteil, wo der vordere Teil eines Löwen abgebildet ist. Ich frage "oh, wer ist denn da?" und sie antwortet "de Bä" (Bär). Ich sage etwas unbestimmt "ja..". Sie berührt eine lose Stelle des aufklappbaren Bildteils und kommentiert "weg". Dann richtet sie sich auf und erklärt "oh da seppe Gans" (da hat er Angst). Ich mache "ja" und sie präzisiert "wauwau Dans Bä" (wauwau Angst Bär). Ich bestätige "ja, hat er ein wenig Angst vor dem Bär macht er schnell die Türe wieder zu".Roberta versucht spontan auszudrücken, was ich ihr vorher erzählt habe, nämlich dass der Hund Angst vor einigen der versteckten Tiere hat. Da es sich dabei um ein Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt handelt, verlangt diese Aussage im Prinzip einen Drei-Wort-Satz. Sie versucht es zuerst, die Aeusserung ist aber kaum verständlich ("da seppe Gans"). Dann fällt ihr Blick auf den Hund und es gelingt ihr, den ersten Dreiwort-Satz zu bilden: "wauwau Dans Bä" (der Hund hat Angst vor dem Bären).Ich habe hier die Benennung "Bär" statt "Löwe" absichtlich nicht korrigiert, weil ich befürchtete, dadurch ihre Aufmerksamkeit vom Inhalt abzulenken.



Lynn 29 Mte

Ich sage "so, tun wir dich ins Bett", und Lynn bestätigt "ine" (hinein). Ich lege das Nilpferd ins Bett; sie legt ein Stück Knete auf den Tisch, sagt "so" und setzt sich dann auf den Stuhl. Ich kommentiere "zudecken", und Lynn ergänzt sofort "singe". Ich wiederhole "singe" und beginne, ein kleines Schlaflied zu singen. Lynn sitzt da, den Kopf auf die Hand gestützt, und hört für kurze Zeit zu. Dann unterbricht sie und ruft "fetti laafe" (fertig schlafen), holt das Tier aus dem Bett und reicht es mir mit der Absicht, das Spiel des Fütterns (und Ausspuckens) wieder aufzunehmen.Hier kann man gut das Typische des linearen Symbolspiel beobachten: zu Beginn der Szene hat Lynn noch keine Vorstellung des ganzen Ablaufes; indem sie jedoch den einzelnen Ereignissen eine symbolische Bedeutung gibt, kann sie auch den nächsten Handlungsschritt spontan ausführen, so dass eine echte Sequenz entsteht.



Lynn 29 Mte

Lynn nimmt den Deckel des Malstiftes weg, schaut kurz auf die Spitze und sagt "chiibe" (schreiben). Sie hält den Stift im Daumenquergriff in der rechten Hand und malt eine zirkuläre Kritzelei. Dann reicht sie den Stift dem Nilpferd und fragt "au no chiibe?" (auch noch schreiben?). Ich sage mit hoher Stimme "oh ja, danke", lasse das Tier den Stift halten und etwas malen.In dieser Szene lässt sich gut beobachten, wie Lynn dem Spielzeug-Tier eine symbolische Bedeutung gibt, d.h. es so behandelt, als ob es ein lebendiges Wesen mit eigenen Wünschen und Absichten sei. Beim Greifen und Gebrauchen des Malstiftes sieht man, dass die Bewegung noch aus dem Unterarm herauskommt und die ganze Hand beteiligt, d.h. noch liegt der Schwerpunkt nicht in der Spitze des Stiftes. Es handelt sich deshalb noch nicht um einen Erwachsenengriff.