Das Zeigen hat seinen Ursprung im referentiellen Blickkontakt. Indem das Kind schaut, was der Andere zu einem Ereignis meint, ist es ihm jetzt möglich, eine erste Beziehung zwischen den Wörtern und den Ereignissen herzustellen, und es wird bald realisieren, dass die gleichen Wörter immer wieder in ähnlichen Situationen auftauchen. Zwischen 12-15 Monaten beginnt es deshalb, auf die Dinge zu zeigen, als ob es seine Entdeckung überprüfen wollte: "stimmt es wirklich, dass die Erwachsenen immer etwas zu sagen haben, und dass sie zu ähnlichen Dingen immer dasselbe sagen?". Das Zeigen bildet damit zusammen mit dem Geben die erste aktive Form des Spracherwerbs.
Nadine blättert im Bilderbuch und zeigt auf einen Vogel, den sie als "gaga" bezeichnet. Die Mutter sagt "ist das ein gaga, ein Vögeli?". Nadine vokalisiert in honer Tonlage, schaut mich an und blättert dann weiter. Wieder zeigt sie auf ein Bild und sagt "gei". Es handelt sich um einen Schmetterling und es bleibt unklar, was sie mit "gei" sagen wollte.Ursprünglich habe ich diese Beobachtung als "Bilderbuch betrachten" eingestuft. Im direkten Vergleich mit den Filmsequenzen älterer Kinder wird jedoch deutlich, dass hier noch das Blättern und Schauen im Vordergrund steht und das Benennen eigentlich mehr zur Handlung als zum Bild gehört. Wenn die Kinder ein Bilderbuch wirklich betrachten, verweilen sie viel länger auf einer Seite und "studieren" das Bild genau.
Ich habe das mechanische Spielzeug aufgezogen und es Caroline gegeben. Sie schaut vom Pinguin zu mir und zeigt mir, wie er sich bewegt; ich kommentiere "oih, so fest zappeln". Als er aufhört, betrachtet sie ihn und sagt "heih?". Dann fasst sie zum Schnabel, und ich bestätige "heih pipi?". Sie imitiert "p", und ich wiederhole "pipi". Nun schaut sie mich an und sagt nochmals "p". Ich bestätige "pipi ja".In dieser Szene sieht man sehr schön die Rolle der sprachlichen Nachahmung in dieser Entwicklungsphase. Caroline repetiert die Lautmalerei "pipi" zuerst für sich selbst, und dann richtet sie das "p" an mich. Man kann deutlich erkennen, dass der Pinguin durch das "p(ipi)"-Sagen ein ganz anderer Vogel wird; er bekommt eine neue Bedeutung. Durch meine Wiederholung "pipi, ja" nehme ich genau dieses Thema auf, indem ich bestätige, dass ich diese neue Bedeutung mit Caroline teile.
Ich öffne das Bilderbuch und sage "qui chi c'??" (da wer ist das?). Luca sagt "m-m" und schaut mich lächelnd an. Ich bestätige "wu-wu, hai visto" (wu-wu, hast du gesehen). Ich zeige auf das nächste Bild einer Katze, die Milch trinkt und sage "miau". Luca macht ein Schmatzgeräusch; ich bestätige "si" und wiederhole das Schmatzgeräusch. Dann blättert er um, und ich frage "e poi, qua?" (und dann, hier?). Es ist ein Schwein, und Luca macht wieder "m-m". Ich antworte "ch-ch". Er schaut mich an und zeigt dann auf das Bild eines Schafes. Ich sage "e qui? bäh!" (und hier? bäh).Wie fast alle Szenen von Luca zeigt auch diese den Uebergang vom funktionalen zum symbolischen Gebrauch, d.h. hier vom "Blättern" zum "Betrachten" und von der "handlungsbegleitenden Aeusserung" zum "Beschreiben". In jedem Falle bezieht sich das Anschauen darauf, dass dort im Buch Bilder sind. Die Lautmalereien ihrerseits werden durch die Bilder hervorgerufen; gerade durch das Benennen werden diese aber lebendiger, bedeutungsvoller.
Roberta legt dem Nilpferd eine Knetwursthin und zieht die Hände zurück. Dann entdeckt sie eine weitere Wurst, ruft "nomeh!" und legt auch diese dem Tier vor die Nase. Während das Nilpferd noch daran ist, die erste Wurst zu essen, weist sie mit dem Zeigefinger auf die zweite hin, ruft nochmals "nomeh!" und wieder zieht sie die Arme zurück. Ich nehme die zweite Wurst, sage "danke" und mache in Essgeräusch. Roberta lacht und schaut mich kurz an. Dann nimmt sie die Flasche und sagt "tinte" (trinken). In dieser Sequenz wird sehr deutlich, dass nicht das Füttern, sondern das Resultat, nämlich das essende Tier im Mittelpunkt steht. Diese Form der Dezentrierung wird durch das Zurücknehmen der Arme noch verstärkt und auch dadurch, dass sie ihren sprachlichen Wunsch (noch mehr) nicht an mich, sondern an das Tier richtet und noch durch Zeigen unterstützt. Wie in der zweiten Sequenz kontrolliert sie meine Reaktion über den referentiellen Blickkontakt, fügt eine weitere Handlung hinzu und antizipiert deren Resultat durch das Wort "tinte" (trinken).Auf der phonetisch-phonologischen Ebene ist hier eine Assimilation des Lautes "K" an den Laut "T" zu beobachten.
Roberta zeigt auf den unteren Teil der Zeichnung des Autos und äussert die Absicht "siibe". Ich wiederhole "da schreiben?" und male Striche, die ich kommentiere "da ist die Strasse ehm-ehm". Sie schaut sich das Bild an, zeigt dann plötzlich zum Fenster und sagt "do Auto". Ich bestätige "ja, dort draussen ist es". Sie schaut wieder auf das Papier, zeigt auf die Abbildung und wiederholt "do eis Auto fahle bebe fahle". Ich bestätige "ja, fahren tut es" und führe nun die Geste des Steuerns mit den Fahrgeräuschen "brr-brr" aus. Sie schaut mich an, und wir lachen gemeinsam.Diese Szene stellt sozusagen die Begriffsbildung "life" dar. Roberta schaut sich das gemalte Auto an, und plötzlich ist ihr klar, dass es draussen auf der Strasse auch solche gibt. Diese Entdeckung kommentiert sie nun sprachlich, wobei sie über die Interaktion ihr Verständnis kontrolliert: 'es ist doch so, wie ich sage hier ein Auto, dort ein Auto?'.
Remo hat einen Defekt an der Kasse festgestellt, und ich habe ihm den Vorschlag gemacht, er solle doch die Fabrik anrufen. Er hält den Hörer zum Ohr und wählt mit dem Finger. Ich nehme ein anderes Telefon ab und sage: "ja, grüezi, da ist die Fabrik von der Kasse. Was haben Sie? Gibt es ein Problem mit der Kasse?". Remo hört zu und sagt zögernd "ja". Dann schaut er auf seine Kasse und zeigt mit dem Finger immer wieder auf eine spezielle Stelle, während er erklärt: "da sött's en Chnopf ha, weisch, da da druff, da sött me chöne drucke" (da sollte es einen Knopf haben, weisst du, da drauf, da sollte man drücken können). Ich antworte "aha, ja das ist eine gute Idee, das haben wir ganz vergessen".
Diese Szene zeigt sehr schön, dass Remo zu meinem Vorschlag, die Fabrik anzurufen, eine Vorstellung aufbauen und die entsprechende Rolle als Kunde einnehmen kann.
Lynn fährt mit dem Nilpferd bis zum Ende der Schienen und führt den Zug wieder an den Anfang zurück. Sie begleitet dies lautmalerisch mit "gsu-gsu-gsu". Ich denke, dass die Handlung jetzt zu Ende sei, schaue den Bären an und sage "so, seid ihr wieder heimgekommen?". Sofort greift Lynn ein, und während sie auf den Zug zeigt, erklärt sie "nei, du musch da fahre". Ich setze den Bären auf den Zug und fahre mit ihm, was von Lynn mit ernstem Blick beobachtet wird. Hier wird nochmals deutlich, dass Lynn eine Vorstellung der Spielabfolge hat, in die sie auch mich, bzw. meinen Bären einbezieht. Tatsächlich war mein Bär nach der Schule noch nicht nach Hause gefahren, wo rauf sie mich nun hinweist.