Bis zum Alter von etwa 15 Monaten drückt das Kind seine Absichten aus, indem es sich mit dem ganzen Körper oder den Armen zu dem gewünschten Gegenstand hinwendet und sich dazu auch meist lautlich äussert. Dies kann insofern als "magische Kausalität" bezeichnet werden, als das Kind handelt, als ob sich der gewünschte Gegenstand ihm von allein nähern könnte. Tatsächlich geschieht dies auch oft, nämlich immer dann, wenn jemand das Ding holt und es ihm gibt. Zwischen 12 -15 Monaten entdeckt es dann, dass es bestimmte Mittel braucht, um ein Ziel zu erreichen. Gleichzeitig erfährt es über den Prozess der Loslösung, dass es eine eigenständige kleine Person ist, deren Absichten sich manchmal von denjenigen der Bezugsperson unterscheiden. Mit etwa 15 Monaten beginnt es deshalb, seine Absichten dem Anderen mitzuteilen oder anders gesagt es versucht, den Anderen als Mittel einzusetzen, um sein Ziel zu erreichen. Es zeigt auf den gewünschten Gegenstand, äussert Laute, zieht den Anderen am Aermel, und vor allem schaut es ihn jetzt auch an.
Nadine probiert die Funktion einer kleinen Einkaufstasche aus, indem sie diese öffnet und schliesst und an den Griffen fasst. Dazu vokalisiert sie und schaut mich an. Ich sage "uih, gehst du einkaufen?" Sie schaut die Puppe an, vokalisiert und schaut zu mir, als ob sie mir etwas mitteilen oder etwas fragen wollte. Sie nimmt die Puppe, und die Mutter sagt "soll die Puppe mit einkaufen gehen? Tust du die Puppe in den Wagen setzen?". Nadine rutscht vom Schoss der Mutter herunter und wendet sich dem Wagen zu.
Ich habe Caroline einen aufklappbaren Handspiegel gereicht, der sich beim Manipulieren sofort geschlossen hat. Die Szene beginnt, als sie mir den Spiegel gibt. Ich öffne ihn, halte ihn ihr hin und sage "eh, oih wer ist denn da?". Caroline greift sofort nach dem Gegenstand, schaut auf der Rückseite, wendet ihn wieder, schaut kurz in den Spiegel und dann zu mir. Ich sage "Caroline? ist die Caroline dort eine schöne Caroline?; lächelnd hört sie mir zu.
Ich schraube den Flaschendeckel zu; Luca sieht dies, nimmt die Flasche und hält sie mir hin, indem er mimisch und lautlich ausdrückt, dass ihm das nicht passt. Ich kommentiere "devo aprire ancora?" (soll ich sie wieder öffnen?)und halte ihm die Flasche hin. Er macht eine Drehbewegung und es gelingt ihm, den Deckel zu öffnen. Ich lobe ihn "ah, bravissimo!" (ah, sehr gut). Luca versucht sofort, die Gabel in die Flasche zu stecken.Auch in dieser Sequenz sieht man deutlich, dass sich Luca im Spiel noch ganz auf die Handlung konzentriert. So zeigt er noch keine Freude, dass im das Aufschrauben gelungen ist und reagiert damit auch nicht auf mein Lob.
Luca bewegt den Zug auf den Schienen und ich kommentiere "tutuu tsch-tsch-tsch". Er äussert "ta" und zeigt auf eine Schüssel voller Knete, welche er vorher auf den Zug geladen hat. Ich frage "altro?" (mehr?); er nickt zufrieden lächelnd und schaut kurz zur Mutter. Ich reiche ihm die Schüssel und sage "questo ti piace, eh?" (das gefällt dir, nicht?). Ich bemerke, dass er ganz rote Ohren hat und fasse kurz hin. Er schaut mich an und lädt etwas Knete auf den Wagen. Dann äussert er mit hoher Stimme "uh, daa?!" und fasst den Zug an, unterbricht aber die Handlung. Er sagt "ah!" und schaut mich auffordernd an. Nach einem kurzen Moment erinnere ich mich an den Ablauf des vorherigen Spiels und rufe "partenza! tschuf-tschuf" (Abfahrt!). Zufrieden beginnt Luca, den Zug auf den Schienen zu bewegen.Dies ist eine ganz spezielle Szene, da sie eigentlich die Entdeckung der sozialen Kommunikation darstellt. Während Luca noch im Alter von 16 Monaten meist ganz für sich spielte, hat er jetzt die Möglichkeiten des Anderen entdeckt und bezieht mich erstmals aktiv in sein Spiel mit ein.