Roberta



Roberta 20 Mte

Roberta kippt die Flasche und zielt auf die Oeffnung des Trichters. Ich sage "uih, schau mal, du!". Sie schaut kurz auf die gefüllte Flasche, beendet das Einfüllen und ruft dann "oi-oi-oi-oih!". Dazu lacht sie und schaut zufrieden auf das Resultat ihres Tuns. Dann sieht sie die leere Flasche, verlangt "nomeh" (noch mehr)und streckt sie mir hin. Ich frage "noch mehr?" und sie wiederholt "nomeh".Obwohl dies hier nicht zu beobachten ist, kann man annehmen, dass Roberta die Kapapzität des Gefässes noch nicht abschätzen kann, da sie alles verfügbare Wasser einleert, ohne die Flasche zu kontrollieren.Auf das Resultat ihres Tuns zu achten, wird zwar von mir eingeleitet (schau mal!), aber ganz spontan auch von ihr kommentiert. Man kann deshalb annehmen, dass sie bereits weiss, wie sie mit ihren Handlungen die Realität verändern kann.



Roberta 20 Mte

Roberta legt dem Nilpferd eine Knetwurst hin und ruft "mmmh!". Ich nehme diese mit dem Maul des Tieres auf und mache ebenfalls "mmamam". Roberta lacht, schaut kurz zu mir und bemerkt dann die Flasche, welche sie noch in der Hand hält. Sie sagt "ting" (trinken) und beginnt, den Inhalt in einen Becher zu giessen. Die Handlung des Fütterns kann insofern als symbolisch bezeichnet werden, als nicht die Handlung selbst im Vordergrund steht, sondern das, was dann passiert, nämlich, dass das Tier isst. Dies sieht man auch daran, dass sie mit dem "mmmh" das Essen des Tieres vorwegnimmt. Schliesslich kann sie auch spontan eine neue Handlung (zu trinken geben) anfügen und das, was geschehen soll, mit dem Wort "ting" bereits antizipieren.



Roberta 20 Mte

Roberta legt dem Nilpferd eine Knetwursthin und zieht die Hände zurück. Dann entdeckt sie eine weitere Wurst, ruft "nomeh!" und legt auch diese dem Tier vor die Nase. Während das Nilpferd noch daran ist, die erste Wurst zu essen, weist sie mit dem Zeigefinger auf die zweite hin, ruft nochmals "nomeh!" und wieder zieht sie die Arme zurück. Ich nehme die zweite Wurst, sage "danke" und mache in Essgeräusch. Roberta lacht und schaut mich kurz an. Dann nimmt sie die Flasche und sagt "tinte" (trinken). In dieser Sequenz wird sehr deutlich, dass nicht das Füttern, sondern das Resultat, nämlich das essende Tier im Mittelpunkt steht. Diese Form der Dezentrierung wird durch das Zurücknehmen der Arme noch verstärkt und auch dadurch, dass sie ihren sprachlichen Wunsch (noch mehr) nicht an mich, sondern an das Tier richtet und noch durch Zeigen unterstützt. Wie in der zweiten Sequenz kontrolliert sie meine Reaktion über den referentiellen Blickkontakt, fügt eine weitere Handlung hinzu und antizipiert deren Resultat durch das Wort "tinte" (trinken).Auf der phonetisch-phonologischen Ebene ist hier eine Assimilation des Lautes "K" an den Laut "T" zu beobachten.



Roberta 20 Mte

Ich lege Roberta die Bürste hin und frage "wollen wir ihn noch ein wenig bürsten?". Sie sagt "ja" und macht eine Geste des Bürstens auf dem Kopf des Nilpferdes. Dies will ihr nicht richtig gelingen; sie reicht mir die Bürste und sagt "bämpe". Ich fordere sie auf "tu du nochmals"; nun hält sie die Bürste korrekt zum Kopf des Tieres, und ich bestätige "oh ja, so bist du ein schöner!". Sie legt die Bürste hin und widmet sich der Flasche, welche sie in der anderen Hand hält.Auf der phonetisch-phonologischen Ebene ist beim Wort "bämpe" wieder eine Assimilation zu beobachten: der zentrale (zur betonten Silbe gehörige) Konsonant "F" wird durch "P" ersetzt; die übrigen Konsonanten werden daran assimiliert.



Roberta 20 Mte

Gleich nachdem sie das Nilpferd gebürstet hat, reiche ich Roberta den Handspiegel und sage "schau, jetzt können wir noch gucken". Sie nimmt den Spiegel und schaut hinein. Ich frage "oh,wer ist denn da?". Mit leiser, leicht veränderter Stimme sagt sie "Betta" (Roberta). Ich wiederhole fragend "die Roberta?". Nun löst sie den Blick vom Bild und hält den Spiegel dem Nilpferd hin.In dieser Szene kann man gut erkennen, dass Roberta beim Betrachten ihres Spiegelbildes zwar nicht mehr beschämt wegschaut, aber doch noch beeindruckt, etwas irritiert und gleichzeitig voller Respekt ist. Dennoch kann sie die Handlung sofort weiterführen, indem sie den Spiegel dem Nilpferd reicht.Auf der phonetisch-phonologischen Ebene ist eine Silbenreduktion zu beobachten, d.h. die unbetonte Silbe "ro" des Wortes "Roberta" wird weggelassen.



Roberta 20 Mte

Ich halte den Telefonhörer am Ohr und sage "hallo, ah, hoi Papa hoi ja, die Roberta ist da". Roberta schaut mir mit einem etwas verunsicherten Blick an. Ich reiche ihr den Hörer und frage "willst du noch 'sali' sagen?". Sie drückt auf den Klingelknopf und will sich bereits abwenden, reagiert aber dann sofort auf meinen Ausruf "oh!", schaut mich an und lacht. Ich sage "schau mal, ist er da?". Sie schaut mich fragend an und antwortet "jäh?!" eine Aeusserung, die wie eine Mischung aus "he?" und "ja!" klingt. Ich sage nochmals "schau mal", worauf sie wieder den Klingelknopf drückt. Ich interpretiere das Nicht-Verstehen in dieser Szene so, dass sie das Telefon noch nicht symbolisch gebrauchen kann. Sie weiss genau, dass dies kein echtes Telefon ist, d.h. dass der Papa nicht da sein kann. Deshalb kann sie meine Aufforderung "schau mal, ob er da ist" nicht in ihr Wissen über die Welt integrieren und damit auch nicht verstehen. Die Szene zeigt aber auch, dass Roberta versteht, dass sie nicht versteht. Damit zeigt sie einen wichtigen Aspekt der Entwicklung des Sprachverständnisses, weshalt ich sie unter dem Item "nicht-situationale Aeusserungen verstehen" eingeordnet habe.



Roberta 20 Mte

Roberta einen aufziehbaren Frosch in der Hand, greift mit der anderen den Becher und sagt "ting" (trinken). Als sie den Frosch hinstellt, beginnt er zu hüpfen. Sie nimmt ihn in die Hand, lacht, schaut kurz zu mir und sagt "bumpe" (gumpe, ch.dt. für hüpfen). Ich bestätige "gumpen tut er, ja". Sie macht eine Drehbewegung, um den Frosch aufzuziehen und stellt ihn wieder auf den Tisch. Als er sich nicht bewegt, reicht sie ihn mir und sagt "nomeh" (noch mehr). Ich frage "noch mehr? zeig!" und stelle den Frosch auf den Tisch zurück. Sofort nimmt sie ihn wieder auf und wiederholt "bumpe?!". Das Wort "bumpe" hat Roberta eben während dieses Spiels entdeckt und repetiert es nun immer wieder aus Spass und gleichzeitig als Frage, ob es wirklich stimmt, dass diese Handlung als "gumpe" bezeichnet wird.Auf der Lautebene ist eine Assimilation an die erste Artikulationsstelle ("G" an "P") zu beobachten.



Roberta 20 Mte

Zuerst schaut Roberta fasziniert zu, wie ich ein von mir gemaltes Gesicht mit Bauch und Beinen vervollständige. Als ich fertig bin, schaut sie erst zu meinem Stift, sucht dann einen anderen und malt einen Strich. Ich sage "oih!", und jetzt schaut Roberta nochmals auf das Papier und beginnt in etwas forcierter Weise zu lachen. Dann schaut von mir zu ihrer Mutter (welche filmt) und wieder zu mir. Ich sage "hast du gerade etwas geschrieben?", und sie scheint beruhigt, antwortet "ja" und "nomeh", während sie nun einen gezielten Strich quer über das Papier malt.Wir haben das etwas befremdende Lachen in dieser Szene so interpretiert, dass Roberta erschrocken oder vielleicht auch beschämt darüber ist, dass es diesen Strich, den sie allein bewirkt hat, jetzt gibt. Wichtig ist auf jeden Fall auch, dass der Strich dort ist, wo ich gemalt habe. Es ist, als ob sie dadurch ein kleines Tabu verletzt und sich selbst dabei erwischt hätte.



Roberta 20 Mte

Ich stelle Roberta einzelne Formen hin; sie führt sie zu einer Oeffnung der Formbox und fragt "da?". Ich antworte "ne-e", und sie versucht es bei der nächsten Oeffnung, wobei sie wieder "da?" fragt. Ich antworte "ja gut", und sie greift nach einer weiteren Form.Beim Einführen kann Roberta noch nicht antizipieren, welche Form in welche Oeffnung passt, sondern sie probiert dies aus (Versuch-/Irrtumstrategie). Zusätzlich wird die Aufgabe durch meinen Kommentar unterstützt und erhält dadurch etwas Spielerisches. Bei der letzten Form helfe ich ihr durch Zeigen und zwar, bevor sie aufgegeben hat. Damit weiss man nicht, ob sie die passende Oeffnung auch alleine gefunden hätte. Ich habe ihr die Oeffnung gezeigt, weil ich die Aufgabe für ihr Alter als schwierig erachtete und vermeiden wollte, dass sie den Spass an diesem Spiel verlieren würde.



Roberta 20 Mte

Roberta reicht mir das Bilderbuch; ich öffne es und frage "oh, wer ist denn da?". Sie betrachtet das Bild und sagt dann "wauwau". Ich zeige auf das folgende Bild und frage "und da?". Mit leicht verlegenem Gesichtsausdruck und leiser Stimme antwortet sie "Büsi". Ich bestätige "Büsi". Am Anfang der Szene gibt mir Roberta das Buch und fordert mich damit zum Erzählen auf. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu früheren Entwicklungsphasen, wo der funktionale Gebrauch, nämlich das Blättern im Vordergrund steht, d.h. wo die Kinder mit dem Buch handeln wollen.Die unsichere Haltung beim Benennen haben wir sie interpretiert, dass sie bereits ahnt, dass es beim Benennen falsch und richtig gibt und deshalb etwas vorsichtig ist.



Roberta 22 Mte

Roberta hält das Telefon, und ich sage "ja, wer ist da?". Sie schaut mich an, stellt das Telefon vor sich auf den Tisch und drückt kurz auf den Klingelknopf, während ich wiederhole "wer ist da? Ist Roberta da? hallo!". Sie nimmt den Hörer, hält ihn zum Ohr, schaut mich an und sagt mit einem grossen Lächeln "hallo!". Dann legt sie den Hörer wieder auf die Gabel zurück, während ich antworte "hallo, hoi, bist du zuhause?".



Roberta 22 Mte

Roberta nimmt das Telefon, wendet sich mir zu und äussert ihre Absicht: "meh telefonee". Dann hält sie den Hörer dem Nilpferd ans Ohr und sagt "hoi, hoi, Papa". Ich antworte "hoi, hoi, Papa, ich bin der Niili! Kommst du bald heim Papa?". Sie schaut das Nilpferd an und wendet sich dem Regal zu, während sie meine Aeusserung wiederholt "Papa hei".Diese Szene zeigt nun deutlich die Dezentrierung im Symbolspiel, d.h. die Möglichkeit, das Nilpferd als aktives, telefonierendes Wesen darzustellen.



Roberta 22 Mte

Roberta bürstet das Nilpferd. Als sie fertig ist, reiche ich ihr den Spiegel und sage "so, und jetzt können wir noch schauen, ob er schön ist." Sie nimmt den Spiegel und hält ihn dem Nilpferd hin, schaut aber gleichzeitig selbst hinein. Ich frage "oh, wer ist denn dort? -he, wer ist denn dort im Spiegel?". Sie führt den Spiegel näher zu ihrem eigenen Gesicht und antwortet schliesslich leise "Ebetta" (Roberta).Hier kann man gut die verschiedenen Ebenen der Dezentrierung beobachten; Roberta kann sich bereits gut vorstellen, dass auch das Nilpferd in den Spiegel schauen und sich betrachten will. Sie kann sich aber noch nicht in die Position oder Blickrichtung des Anderen versetzen, so dass sie die spiegelnde Fläche noch zum eigenen Gesicht hält. Durch die Konzentration, mit der sie ihr Spiegelbild betrachtet, wird schliesslich deutlich, dass sie sich erkennt.



Roberta 22 Mte

Roberta führt Formen in die Formbox ein, indem sie jede Oeffnung ausprobiert und sie schliesslich in die korrekte gleiten lässt. Das Spiel wird durch die sprachliche Interaktion unterstützt und gleichzeitig mitbestimmt, indem sie jeweils bei jedem Loch "da?" fragt und ich mit hoher Stimme "nein" oder "ja" antworte. Wenn die Form in die Oeffnung fällt, kommentiere ich dies mit "pum!", was sie sofort wiederholt.Interessant ist hier die Beobachtung, dass es ihr offensichtlich Spass macht, sich ganz durch die Sprache leiten zu lassen. So kann sie sich jeweils fast nicht dazu entschliessen, die Form wirklich ins Loch fallen zu lassen. Auch sucht sie hier im Gegensatz zu allen anderen Szenen keinen Blickkontakt. Genau in dem Sinne, wie die "da?"Wörter die Handlungen bestimmen und leiten, handelt es sich um echte Fragen und damit auch um Einwortsätze.



Roberta 22 Mte

Roberta hält den Malstift im Faustgriff in der rechten Hand und malt einen kleinen Strich auf das Papier. Dann berührt sie die Spitze des Stiftes mit der Hand, sagt "da?" und ich bestätige "mh, dort tut es schreiben". Sie schaut mich mit einem verschmitzten Lächeln an, und ich frage "sind die Hände ein wenig orange?". Entschlossen legt sie den Deckel des Stiftes auf den Tisch und äussert die Absicht "meh Hand". Sie wechselt den Stift und malt nun mit der linken Hand einen Strich auf die rechte. Nun schaut sie mit demselben verschmitzten Lächeln zuerst mich und dann die Mutter an.Diese Szene zeigt, wie die Konzentration auf das Handlungsresultat ganz neue Entdekkungen ermöglicht. Gleichzeitig wird deutlich, dass Roberta bereits einen Standard entwickelt hat. Die Art ihres Lächelns weist darauf hin, dass sie weiss, dass bemalte Hände etwas besonderes sind.



Roberta 22 Mte

Roberta betrachtet eine Zeichnung, die ich gemacht habe, und bezeichnet sie mit "Auto". Ich bestätige und sage "wollen wir noch die Räder machen? schau, dass es fahren kann." Ich male zirkuläre Kritzeleien anstelle der Räder und kommentiere "brr, brr, brrrrum". Sofort zeigt sie auf die Stelle des zweiten Rades und sagt "au Dedi" (auch Räder). Ich reiche ihr den Malstift und sage "ja, das kannst du machen". Sie nimmt den Stift mit der linken Hand und imitiert meine Kritzelei, wobei diese durch die Art der Bewegung noch mehr eckig als zirkulär ist.



Roberta 22 Mte

Roberta zeigt auf den unteren Teil der Zeichnung des Autos und äussert die Absicht "siibe". Ich wiederhole "da schreiben?" und male Striche, die ich kommentiere "da ist die Strasse ehm-ehm". Sie schaut sich das Bild an, zeigt dann plötzlich zum Fenster und sagt "do Auto". Ich bestätige "ja, dort draussen ist es". Sie schaut wieder auf das Papier, zeigt auf die Abbildung und wiederholt "do eis Auto fahle bebe fahle". Ich bestätige "ja, fahren tut es" und führe nun die Geste des Steuerns mit den Fahrgeräuschen "brr-brr" aus. Sie schaut mich an, und wir lachen gemeinsam.Diese Szene stellt sozusagen die Begriffsbildung "life" dar. Roberta schaut sich das gemalte Auto an, und plötzlich ist ihr klar, dass es draussen auf der Strasse auch solche gibt. Diese Entdeckung kommentiert sie nun sprachlich, wobei sie über die Interaktion ihr Verständnis kontrolliert: 'es ist doch so, wie ich sage hier ein Auto, dort ein Auto?'.



Roberta 22 Mte

Roberta hat gerade ein Stück Klebstreifen aufgeklebt, greift nun nach der Schere und sagt "meh Se" (mehr Schere). Sie nimmt sie mit beiden Händen und öffnet sie. Ich sage "mehr schneiden? -ja, so". Dann halte ich das Klebband zwischen die Klingen und fordere sie auf "jetzt kannst du zumachen". Während sie die Schere langsam schliesst, begleite ich die Handlung: "achtung mehr zumachen, ja, mehr, mehr" und rufe dann lachend "bravo, jetzt hast du geschnitten!". Roberta schaut die Schere erstaunt an, öffnet sie nochmals und sagt fast flüsternd "meh Se meh Se".



Roberta 22 Mte

Ich reiche Roberta das Stück Klebband und sage "du hast einen Kleber abgeschnitten". Sie nimmt es und wiederholt "meh Säbi" (Chläbi). Mit Konzentration heftet sie den Klebstreifen auf das Papier und will schon zur Schere greifen, als sie nochmals auf das Klebband auf dem Papier schaut. Sie lächelt, lehnt sich etwas zurück, tippt mit dem Finger kurz darauf, lächelt wieder und schaut sich dann auf dem Tisch danach um, was als nächstes zu tun ist.Diese Szene illustriert sehr schön die spezielle Eigenschaft des Lächelns nach gelungender Handlung. Es handelt sich nicht um ein soziales, sondern um ein ganz privates, persönliches Lächeln, welches die Freude über die eigenen Fähigkeiten ausdrückt.



Roberta 22 Mte

Roberta blättert eine Seite des Bilderbuches um, öffnet den aufklappbaren Bildteil, wo der vordere Teil eines Löwen abgebildet ist. Ich frage "oh, wer ist denn da?" und sie antwortet "de Bä" (Bär). Ich sage etwas unbestimmt "ja..". Sie berührt eine lose Stelle des aufklappbaren Bildteils und kommentiert "weg". Dann richtet sie sich auf und erklärt "oh da seppe Gans" (da hat er Angst). Ich mache "ja" und sie präzisiert "wauwau Dans Bä" (wauwau Angst Bär). Ich bestätige "ja, hat er ein wenig Angst vor dem Bär macht er schnell die Türe wieder zu".Roberta versucht spontan auszudrücken, was ich ihr vorher erzählt habe, nämlich dass der Hund Angst vor einigen der versteckten Tiere hat. Da es sich dabei um ein Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt handelt, verlangt diese Aussage im Prinzip einen Drei-Wort-Satz. Sie versucht es zuerst, die Aeusserung ist aber kaum verständlich ("da seppe Gans"). Dann fällt ihr Blick auf den Hund und es gelingt ihr, den ersten Dreiwort-Satz zu bilden: "wauwau Dans Bä" (der Hund hat Angst vor dem Bären).Ich habe hier die Benennung "Bär" statt "Löwe" absichtlich nicht korrigiert, weil ich befürchtete, dadurch ihre Aufmerksamkeit vom Inhalt abzulenken.



Roberta 37 Mte

Diese Szene findet ganz zu Beginn unseres gemeinsamen Spiels statt. Roberta hat die Telefone geholt, und eben habe ich sie gefragt, ob sie uns besuchen käme. Sie hält den Telefonhörer am Ohr, antwortet "ja", sagt dann "tschüss" und legt den Hörer auf die Gabel. Ich verabschiede mich auch mit "tschüss" und sage dann zum Nilpferd "oh, Niili du, die Roberta kommt zu Besuch, hat sie gesagt". Roberta hört zu und dreht dabei an der Wählscheibe rum. Ich schlüpfe mit der Hand in die Nilpferd-Handpuppe und rufe "judihuii!". Roberta steht auf, beugt sich nahe zum Tier und fragt "ich -bis echli tluulig gsii?" (bist du ein wenig traurig gewesen?). Ich antworte mit etwas weinerlicher Stimme "ja, ich musste so lange warten". Roberta schaut kurz zu mir und sagt dann mit tröstender Stimme zum Nilpferd "bis itz e de so wide da" (ich bin jetzt schon wieder da). Diese Szene zeigt in besonderer Weise einen der Höhepunkte der Entdeckung der Sprache: das Einfühlungsvermögen und die Möglichkeit, die Gefühle des Anderen durch die Sprache auszudrücken.



Roberta 37 Mte

Ich halte ein Stück Knete für Roberta in der Hand. Sie nimmt es und sagt "das is mis" (das ist meins). Wir beginnen beide, die Knete zu rollen, und ich kommentiere "so ja -genau". Während des Rollens beobachtet Roberta genau, wie ich die Tätigkeit ausführe, und sagt dann "weis, du mus so mit de Hand hett's doch es Löchli det?" (weisst, du musst so mit der Hand hat es doch ein Löchlein dort). Ich bestätige "dort in dem Löchlein drin, ja genau ja...".Die Handlung des Rollens verlangt als solche nicht mehr die ganze Konzentration, d.h. es bleibt genügend "Platz", um genau zu beobachten, wie ich die Handlung ausführe. Aehnlich wie in der ersten Szene wechselt Roberta die Perspektive und erklärt mir, dass ich die Knete halten im "Löchlein", d.h. in der Handmulde halten soll: damit thematisiert sie das Rollen als eine "es liegt in meiner Hand-Tätigkeit", und gleichzeitig wird diese Tätigkeit auch sozialisiert.



Roberta 37 Mte

Das Nilpferd soll nun essen, und während ich es über die Hand stülpe, fragt Roberta "söll ich's dir echli vesniide?" (soll ich es dir ein wenig zerschneiden?). Ich sage mit hoher Stimme "oh, ja gern", und Roberta fragt weiter "iss' nochli z'gloss?" (ist es noch ein wenig zu gross). Ich bestätige "ist noch ein wenig zu gross, so kann ich es fast nicht essen". Roberta nimmt das Messer mit der linken Hand und beginnt die Knetwurst zu zerschneiden.Die Sequenzen von Roberta in diesem Alter zeigen eindrücklich, wie sie allen Tätigkeiten spontan eine symbolische Bedeutung gibt, indem sie diese in das übergeordnete Spielthema "Nilpferd-Kind" einbaut. Dies ist möglich, weil sie entsprechende Vorstellungen entwickelt hat; gleichzeitig kann sie die Handlungen selbst mit einer gewissen Leichtigkeit ausführen, so dass diese für sich genommen nicht mehr sehr viel Aufmerksamkeit erfordern.



Roberta 37 Mte

Roberta hat ein Blatt Papier vor sich; ich sage "so, schau jetzt Niili, jetzt darfst du noch etwas malen", und Roberta fügt sofort hinzu "soll ich öppis für dich male?" (soll ich etwas für dich malen?). Ich antworte "oh ja!"; sie bestätigt "guet", nimmt einen gelben Stift und fragt " wotts gäl?" (willst du gelb?). Ich antworte "ehe eine Sonne machst du eine Sonne?". Roberta sagt "ich mach öppis söns" (ich mache etwas schönes); ich bestätige "oh ja". Sie nimmt den Malstift im Erwachsenengriff in die linke Hand und malt einen grossen Kreis. Ich sage "zeig mal" und dann bewundernd "das ist dann schön!".



Roberta 37 Mte

Ich habe ein Auto ohne Räder gemalt und Roberta gefragt, ob noch etwas fehle. Die Szene beginnt, als sie mit fragendem Tonfall antwortet "Bei?" (Beine?). Ich reiche ihr den Stift und sage "die Beine, ja, das kannst du machen". Sie malt zwei Striche, und ich ergänze "dass er auch fahren kann". Sie bestätigt "ja", betrachtet dann die Zeichnung und sagt "muss i na Rädli mache, gäll" (muss ich noch Rädchen machen, gell). An der Stelle der fehlenden Räder fügt sie zwei kleine Striche hinzu; ich sage "ja super" und dann "und noch die Strasse unten, natürlich". Sie malt eine Linie und ich sage "ganz gut".



Roberta 37 Mte

Roberta ist damit beschäftigt, die Zeichnung mit Klebstreifen aufzuhängen. Sie sagt "ich mus no meh" (ich muss noch mehr), nimmt die Schere mit der linken Hand und schneidet ein Stück des Klebstreifens ab, den ich ihr hinhalte. Sie nimmt das Stück, schaut mich an und bedankt sich in speziell betonter Weise "dankke". Ich antworte in derselben Art "bitte". Sie wendet sich der Wand zu, um das Klebband aufzuheften. Während der Tätigkeit wiederholt sie in der gleichen Weise "dankke!", und ich antworte "bitte, bitte Madame". Sie beendet das Kleben, rückt etwas zurück und betrachtet zufrieden ihr Werk. Ich bestätige "ganz gut oh, das ist aber schön, he!". Sie nickt leicht mit dem Kopf und wendet sich dann wieder mir zu.Auch dieses kleine Sprachspiel mit dem 'danke-bitte' gehört zu den Höhepunkten der Entdeckung der Sprache und leitet gleichzeitig eine neue Entwicklungsphase ein. Sobald es keinen Zweifel mehr über die symbolische und kommunikative Bedeutung der Sprache gibt, kann diese selbst zu einem "Gesprächs-" oder InteraktionsThema werden. Dabei handelt es sich noch nicht um ein "Nachdenken" über die Sprache im Sinne der Meta-Sprache, sondern vorerst einfach um einen spielerischen Umgang.



Roberta 37 Mte

Roberta hält eine eckige Form in der Hand und versucht, sie in eine Oeffnung einzuführen. Ich weise auf eine eingestanzte Figur auf der Oberfläche hin; sie sieht diese, dreht die Form entsprechend, fragt "so?" und ich sage "ja genau". Sie versucht es nochmals mit der gleichen Oeffnung und ich erkläre " dort ins andere hinein". Sie probiert die nächste Oeffnung, fragt "da?", und während ich verneine, hat sie bereits die entsprechende gefunden und führt die Form ein. Ich sage "gut!". Sie nimmt die nächste Form, findet gleich die korrespondierende Oeffnung und ich pfeife anerkennend. Die nächste Form dreht sie bereits beim Greifen so, dass sie direkt eingeführt werden kann und kommentiert "das au da" (das auch da). Ich bestätige "gut!"; sie führt die übrigen Formen direkt ein, und ich sage "schon alle drin", worauf sie durch die Oeffnungen ins Innere guckt.In dieser Szene kann man gut erkennen, dass die Haltung, welche Roberta beim Lösen der Aufgabe einnimmt, eindeutig eine antizipierende ist dies, obwohl sie zu Beginn Schwierigkeiten hat und dabei kurz nach dem Versuch-Irrtum-Prinzip vorgeht.



Roberta 37 Mte

Roberta zeigt dem Nilpferd das Bilderbuch. Sie blättert eine Seite um, und ich frage "und wer ist denn da unter dem Bett unten?". Sie klappt das Teil auf, und ich sage mit hoher Stimme "hilfe, da habe ich Angst". Sie schaut kurz zum Nilpferd, zeigt dann mit dem Finger auf das Bild und erklärt "Krokodil sind doch lieb". Ich antworte "ehrlich, macht das sicher nichts?"; sie sagt "nei" und ich füge hinzu "aber es hat so ein grosses Maul?". Sie schliesst die Klappe und erklärt "da mus me kei Angst ha" (da muss man keine Angst haben). Ich wiederhole "muss ich keine Angst haben"; sie bestätigt "nei" und blättert eine Seite weiter.



Roberta 37 Mte

Wir haben die Brio-Bahn aufgebaut; ich lasse das Nilpferd auf dem Zug fahren und sage "so, jetzt steige ich schon aus, ich gehe hier zur Schule tschüss". Roberta grüsst "tschüss", und ich sage "danke, dass ich fahren konnte". Sie sagt "bitte" und führt den Zug den Schienen entlang weiter. Dazwischen schaut sie kurz auf, und als der Zug am Ende angelangt ist, schaut sie mich an und sagt "me chönnti me chönnti ja no e Suel mache füe de Niili?" (man könnte ja noch eine Schule machen für den Niili?). Ich antworte "ehe, könnte man".Eine ganz zentrale Bedeutung der Sprache verdeutlicht diese letzte Szene von Roberta: die Freiheit, aus verschiedenen Möglichkeiten zu wählen: man könnte...